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Eine neue Ausstellung in der Nationalbibliothek hat mein Interesse geweckt. Die Medienpolitik in Singapore wird immer wieder kontrovers diskutiert, allerdings meisten in den westlichen Demokratien, wo mittlerweile ein links-propagandistischer Stil schon als Qualitätspresse bezeichnet wird. Die Regierung von Singapore weiß um die Macht der Medien und wollte keinen weiteren Unfrieden in der Gesellschaft durch Medien aufkommen lassen, da gerade durch propagandistische Medien in den 1950er Jahren für Massen- und Rassenunruhen gesorgt haben. Aus dieser Erfahrung hat Singapore gelernt. Zur Medienpolitik habe ich auch schon am 10.11.2019 einen Blogpost verfasst, den es lohnt vorab zu lesen.
Die Ausstellung beginnt mit einigen frühen Druckerzeugnisse und welche, die zu wichtigen Ereignissen berichtet haben. Die erste Zeitung in Singapore war der „Singapore Chronicle and Commercial Register“ und erschien im Jahr 1824. Es war einer der wenigen zugelassene Zeitung. 1835 erschien zum ersten Mal „Singapore Free Press and Mercantile Advertiser“. Die auch heute noch erscheinende Zeitung „The Straits Times“ folgte im Jahr 1845. Die erste Zeitung der chinesischen Community „Lat Pau“ wurde 1881 gegründet. Ab Anfang des 20. Jh. bildeten sich zahlreiche chinesische Zeitungen, die bestimmten politischen Bewegungen dienten. Die erste malayische Zeitung war „Jawi Peranakan“ und erschien erstmals im Jahr 1876. Oft wird die „Singai Nesan“ aus dem Jahr 1887 als erste tamilische Zeitung erwähnt, aber es muss wohl schon zuvor Zeitungsblätter der indischen Community gegeben haben. Die Bibliothek hat in ihrem Bestand über 200 Zeitungstitel ab dem Jahr 1827. In der Ausstellung sollen Exemplare auch mit der Zeit ausgewechselt werden. Zum Zeitpunkt meines Besuches lag die Ausgabe der „Singapore Free Press and Mercantile Advertiser“ vom 7. Januar 1836 aus, also ein Exemplar nur drei Monate nach Ersterscheinung. Sie informierte beispielsweise über die Schiffe, die zu dieser Zeit im Hafen angelegt hatten. Ziele dieser Schiffe waren China, Liverpool, London, Rangoon, Penang, Calcutta, Malacca, Manila, Bourbon und Bombay. Daneben liegt die chinesisch sprachige Zeitung „报商洋南“ („Nanyang Siang Pau“) vom 10. April 1941. Sie war eine der führenden Zeitungen der damaligen Zeit und konnte eine Menge Anzeigen verkaufen, was eine stabile finanzielle Situation für die Zeitung bedeutete. Dann wird die Londoner Ausgabe des „The Daily Telegraph and Morning Post“ vom 16. Februar 1942 ausgestellt. Diese Zeitung berichtet ausführlich über die Kapitulation der britischen Truppen im 2. Weltkrieg in Singapore. Das bittere Ereignis beschäftigte die britischen Zeitungen mehrere Tage lang. Churchill bezeichnete das Ereignis als „heavy and far-reaching military defeat“ (schwere und weitreichende militärische Niederlage).
Dann wird der Report der Untersuchungskommission zu den Maria Hertogh Unruhen vom Dezember 1950 gezeigt. Die Geschehnisse werden noch ausführlicher an der Multimediawand thematisiert. Ich komme darauf zurück. Im Report wird aber betont, dass der Sensationsjournalismus der Medien erst zu diesen Unruhen mit 18 Toten geführt hat. Neben dem Dokument wird eine Ausgabe der „State of Singapore Government Gazette“ mit der Proklamation des Staates Singapore am 9. August 1965 gezeigt. Auch dieses Thema werde ich später in Bezug auf die Touchscreen-Wand wieder aufnehmen.
Mit tendenziöser Berichterstattung beschäftigt sich die Ausstellung intensiv und gibt auch Beispiele für „Fake-News“ per Fotodarstellung mit zwei Sichtweisen zum selben Ereignis an: Einmal die Darstellung einer weinenden und unglücklichen Maria Hertogh beim oben angesprochenen Fall in der malayischen Presse (Utusan Melayu). Und andererseits die Darstellung der glücklichen und lachenden Maria Hertogh in der britisch-dominierten Presse (Singapore Standard). Dann zwei Fotos mit jeweils anderem Blickwinkel von Prinz William nach der Geburt seines Sohnes im Jahr 2018. Das eine Foto zeigt ihn mit einer Geste, wo er die Hand hebt und drei Finger als Zeichen dafür, dass es das dritte Kind ist, zeigt. Von der Seite sieht es auf dem Foto dann aber nach einer obszönen Geste mit dem Mittelfinger aus, da die beiden anderen Finger hinter diesem nicht zu sehen sind. Ein Foto wurde von Peter Nicholls und das andere von Hannah McKay geschossen.
Der italienische Fotograf Ruben Salvadori hat zwei Aufnahmen eines  palästinensischen Terroristen aus Ost-Jerusalem aus dem Jahr 2011 gemacht. Auf einen sieht man einen vermummten Palästinenser im Straßenkampf. Eine andere Perspektive zeigt eine Gruppe von Journalisten genau hinter dem Mann, wobei das Foto die künstliche Inszenierung der Szene entlarvt.
Das vierte Beispiel ist ein Foto aus dem Irakkrieg von 2003. Ein US-Soldat gibt einem gefangenen irakischen Soldaten Wasser zum Trinken. Ein anderer Soldat steht in der Fotolinie und sein Gewehr zeigt auf dem Foto Richtung Kopf des sitzenden irakischen Soldaten. Je nach Ausschnitt kommt somit eine ganz andere Botschaft aus dem selben Foto.
An der Multimediawand kann man sich verschiedene Ereignisse mit den verschiedenen medialen Darstellungen aufrufen, ein Video dazu ansehen oder Bildmaterial von Zeitungen betrachten. So wird den Darstellungen zu den Gründen der Entlassung von Singapore aus dem malayischen Staatenbund 1965 je nach politischer Gesinnung der Zeitung unterschiedlichen Raum gegeben. Die chinesische Presse betonte die Sicht von Lee Kuan Yew, der seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Regierung in Kuala Lumpur bekräftigt, aber auch Optimismus für die Zukunft zeigt. Im Gegensatz dazu die malayische Presse, die die Sicht des Tunku hervorheben, der die mangelnde Zusammenarbeit der Regionalregierung in Singapore verantwortlich macht. Der Hintergrund ist aber dieser, dass der Tunku in Lee einen geschickten politischen Gegner sah und er so seine Macht in Malaysia absichern wollte (siehe dazu Blogpost vom 26.9.2019).
Zu den Unruhen im Jahr 1955 während der Streikmaßnahmen bei der Hock Lee Bus Company habe ich bereits einen Blogpost am 26.7.2019 geschrieben. Die Darstellungen zu diesem Ereignis weichen in den verschiedenen Zeitungen wieder ab. Die britischen Zeitungen der Kolonialregierung betonen die kommunistischen Aktivitäten, die den Streik für ihre Ideologie nutzen wollten. Die chinesischen Zeitungen schrieben dagegen über die unverhältnismäßige Härte der Polizei.
Dann der Fall der Maria Hertogh, welcher zu Rassenunruhen im Dezember 1950 geführt hat. Sie war ein Kind einer holländischen Familie und wohnte in einer Stadt auf der Insel Java, dem heutigen Indonesien. Nach der Geburt des sechsten Kindes im Jahr 1942 sollte die 5jährige Maria drei oder vier Tage bei einer Bekannten bleiben. Der Vater war in japanischer Kriegsgefangenschaft. Als das Kind nicht mehr zurückkam, wollte die Mutter es holen gehen und geriet dabei in eine japanische Militärkontrolle. Weil sie ohne Pass war, wurde sie interniert. Der Aufforderung an die Bekannte, dass Maria zu ihr gebracht wird, kam die einheimische Bekannte nicht nach.
Nach der Rückkehr des Mannes aus der Kriegsgefangenschaft und der Entlassung der Mutter ging die Familie Maria suchen. Aber die indonesische Bekannte war mit dem Kind verschwunden. Die Familie kehrte nach Holland zurück. Über das Rote Kreuz wurden Maria ausfindig gemacht. Die Bekannte war mit ihr nach Malaya gezogen. Den Streit wollte die Bekannte in Singapore mit dem holländischen Konsulat klären. Deshalb wurden hier die Gerichte bemüht, das Sorgerecht festzulegen. Maria wurde mittlerweile zum Islam konvertiert und islamisch erzogen. Das Gericht sprach den leiblichen Eltern das Sorgerecht zu, was sie wieder zum christlichen Glauben konvertieren ließ. Die Muslime verheirateten das 13-jährige Mädchen mit einem 22-jährigen Moslem, um die Rückführung nach Holland zu verhindern. Das wurde aber als taktisches Manöver von den Gerichten entlarvt und nicht anerkannt. Daraufhin stachelten die muslimischen Medien die Muslime an. Mitglieder von islamischen Organisationen verschärften außerdem die Situation, auch die muslimischen Polizisten plünderten und zerstörten mit. Wahllos wurden Nichtmuslime getötet. Die Darstellungen der Ereignisse waren hier je nach Parteinahme der Zeitungen wieder unterschiedlich.
Dass Rassenunruhen bis in die heutige Zeit ein wichtiges Thema sind, beweisen die Ausschreitungen von indischen Gastarbeitern im Jahr 2013 in Singapore, als ein betrunkener Tamile in Little India vor einem Bus tödlich verunglückte. Deshalb findet im Multikultistaat Singapore eine strenge Medienkontrolle über rassistische Aussagen statt.
Zum Schluss kann man in der Ausstellung in einem Mehrteilnehmerspiel ein Fake-News-Quiz absolvieren. Eine Infothek lässt außerdem viele Zeitungen aus der ganzen Welt aufrufen. Auch die Thüringer Allgemeine kann man über diese Infothek lesen.

Hier die Eindrücke von der Ausstellung:  News Gallery