City Gallery
Die City Gallery befindet sich mitten in Chinatown gleich neben dem Entwicklungsministerium. Anders als in Deutschland kümmert sich das Entwicklungsministerium nicht um die Entwicklung Afrikas, sondern tatsächlich um die Entwicklung des eigenen Landes. Hier wird zentral die Infrastruktur mittels einer genauen Planungsfolge und Prognoseerstellungen geplant. In der City Gallery wird darauf eingegangen und einerseits gezeigt, wie diese Planung in der Vergangenheit war und welche Entwicklungen es dadurch in Singapore gab. Andererseits geht man sehr anschaulich – auch für Jugendliche als Zielgruppe – auf die Herausforderungen der Zukunft ein. Wie ist das Wassermanagement, ein ganz wichtiges Thema auf der ressourcenarmen Insel, das Abfallmanagement, die Energieversorgung und die Verkehrsinfrastruktur geplant und ausgelegt. Mittlerweile bin ich schon auf die verschiedenen Themen in anderen Ausstellungen, beispielsweise der HDB-Gallery (Wohnungsbau, Blogpost vom 19.3.2020) oder bei der Beschäftigung mit der Funktion der Insel Semakau, getroffen. Trotzdem waren wieder einige interessante Informationen an den jeweiligen Ausstellungsstationen vorhanden.
Zunächst entdecke ich im Basement um das große Modell von Singapore die Fotoausstellung des französischen Fotografen Piollet, welche ich vor wenigen Wochen vor dem Nationalmuseum kurz gesehen habe und als ich mir einige Tage später die alten Fotos genauer anschauen wollte, waren die Ausstellungswände weg. Auch im Nationalmuseum konnte mir keiner sagen, wo sie sich jetzt befinden – voila, hier haben sie sich also versteckt. Werde dazu in einiger Zeit noch ein Blogpost schreiben.
Nun sehe ich mir aber erst einmal das große Modell von Singapore an, wo mittels multimedialer Videoprojektion große Entwicklungsprojekte vorgestellt werden. Weiter geht es zu einem Ausstellungsbereich, wo mittels Kartenmaterial aus den verschiedenen Jahrzehnten die städtische Entwicklung gezeigt wird. Auf den ersten Karten von 1819 bis 1866 gibt es nur einen kleinen Küstenort. Viele heute Stadtviertel waren damals noch Sumpfland, was ich ja auch schon bei meinen verschiedenen Heritage-Touren erfahren habe. Von 1867 bis 1900 steht die Entwicklung des Hafens im Vordergrund, da der Schiffsverkehr durch die Eröffnung des Suez-Kanals im Jahr 1869 enorm anstieg und eine entsprechende Infrastruktur bereit gestellt werden musste. Die Einwohnerzahl stieg rasant an. 1819 gab es 150 Bewohner der Stadt, 1860 waren es schon über 80.000 Bewohner. Da diesem Zuwachs planerisch durch die Kolonialregierung nie begegnet wurde, bildeten sich Anfang des 20. Jh. in den Altstadtgebieten slummäßige Zustände, wie ich auch schon bei meinen Besuchen zur Geschichte von Chinatown und Little India erfahren durfte. Erst 1927 wurde mit dem Singapore Improvment Trust (SIT) versucht, zumindest an einigen Orten mit staatlichem Wohnungsbau der Lage Herr zu werden. 1905 wurde dann die Handelschifffahrt auf den Hafen in Tanjong Pagar konzentriert, während sich der alte Keppel-Hafen mit Werften zu einem Industriegebiet für Schiffsreparaturen wandelte. Anfang der zweiten Hälfte des 20. Jh. entstand dann die erste „Satellitenstadt“ Queenstown. 1954 von der SIT geplant und angefangen zu bauen, wurde das Gebiet 1970 mittlerweile unter der Leitung des HDB fertiggestellt. Heute leben über 96.000 Menschen in diesem Stadtbezirk. Ab 1986 galt dann der Fokus nicht mehr alleinig der Schaffung von Wohnraum, sondern der Gestaltung eines attraktiven Wohnumfeldes mit Parks und Freizeiteinrichtungen. Ab 1989 erfolgt die intensive Planung zu den Restaurierungen der alten Häusersubstanz in Chinatown, Little India, Kampong Glam und am Singapore River. Ein schönes Foto zum Thema Entwicklung von Singapore zeigt Lee Kuan Yew 1979 bei der Inspektion der Arbeiten zum neuen Changi-Flughafen. Außerdem wurde an einer Infowand die Entwicklung der Hawker Centre dargestellt und erläutert.
Danach komme ich zu einer Videostation, wo erläutert wird, wie Bewegungsdaten gesammelt werden und diese dann ausgewertet und bei der Planung von Stadtgebieten und der Straßen- und Bahninfrastruktur Berücksichtigung findet. Neue MRT-Linien (Schnellbahnsystem) werden nach diesen Daten geplant. So werden meine Daten registriert, wenn ich mich in einer MRT- oder Bus-Station einbuche und in einer anderen Station ausbuche. Mit der dazugehörigen Uhrzeit und Menge der Buchungen können die Rush-Hour-Kapazitäten ausgewertet werden und ggf. Entlastungsaktivitäten, wie Taktverkürzung oder neue Buslinien umgesetzt werden. Ebenso wird das mit den Mautstrecken der Autos gehandhabt. Am Ende kann man noch einen Blick in die Werkstatt werfen, wo die kleinen plastischen Modelle hergestellt werden. Allerdings geschieht das nun überwiegend mittels 3-D-Drucker und nicht mehr mit dem zu sehenden Equipment einer Bastelwerkstatt.
An der ersten Multimediastation der Dauerausstellung kann man sich an den Touchscreens in der Aufteilung von Lebensräumen in Wohn-, Verkehr- und Parkanlagen probieren. Dann geht es eine Etage höher auf eine Promenade, wo man auf ein großes Modell der Innenstadt schauen kann. Manche Gebäude sind sehr detailgetreu dargestellt, wie das Pinnacle@Duxton, dessen Parkterrasse ich ja im Rahmen der HDB-Tour besucht hatte (Blogpost vom 19.3.2020) oder der Golden Mile Komplex, den ich bei meiner Kampong Glam Tour besucht habe (Blogpost vom 3.4.2020). Dahinter wird auf die langfristigen Plannungprozesse und der Architekturausschreibungen eingegangen. Interessant ist die Vorstellung zu den Restaurationsarbeiten der alten Shophouses und auch alte Fotos von Singapore, wie es früher ohne die Landgewinnung in Marina Bay und ohne Restauration der alten Shophouses aussah.
Dann geht es zum Energie-, Abfall- und Transportmanagement. Ich darf meine Fähigkeiten beim Recycling mittels Handbewegungen auf einem Multimediatisch beweisen. Dabei stellt sich heraus, dass man in Singapore pro Kopf eine geringere Müllquote aufweist (1,5 kg pro Bewohner und Tag) als in Deutschland (2,11 kg pro Bewohner und Tag). Der Fokus geht deshalb nach Südkorea (1,24 kg pro Bewohner und Tag), welches noch bessere Werte aufweist. Aber bei der Ressourcennutzung für Energie und Wasser hat man technologisch schon eine ganze Menge erreicht; so werden 2 bis 3% des gesamten Energieverbrauches von Singapore durch die Müllverbrennung erzeugt. Die Veränderung der Küste von Singapore durch Landgewinnung wird auf einer Karte anschaulich gezeigt. Eine dreidimensionale Multimediashow läd dann noch zur Erkundung der jeweiligen Infrastruktur ein.
Zum Abschluss meines Besuches in der City Gallery schaue ich mir noch die Infotafeln im Erdgeschoss an, die zur Umgestaltung des Stadtbezirk Sungei Kadut im Nordwesten von Singapore aufgestellt worden sind. Dies ist heute vor allem ein altes Industriegebiet und soll zum Eco-Stadtbezirk entwickelt werden. 200 Hektar sind für eine moderne Ernährungsindustrie geplant. Große Pläne, aber hier in Singapore weiß man, dass so etwas sehr schnell umgesetzt wird.
Hier die Eindrücke aus der City Gallery: City Gallery