Bukit Timah


Das Gebiet Bukit Timah ist bekannt für das gleichnamige Naturreservat. Dieses beinhaltet den höchsten Berg - Verzeihung, besser die höchste Erhebung - in Singapore. Der Bukit Timah Hill besitzt die fast alpine Höhe von 182 Meter über dem Meeresspiegel. Eine Wanderung in diesem Gebiet habe ich mir auch vorgenommen, allerdings nur wenn die Zeit dazu noch reicht und ich vor allem wegen der Hitze die notwendige Motivation zu einer solchen schweißtreibenden Angelegenheit aufbringe. Im Moment bin ich beim Gang zur nächsten Bushaltestelle schon durchgeschwitzt, da verspüre ich wenig Drang zu einer Wandertour bergauf, wenn es auch nur ein Hügel ist.
Bukit Timah war wegen des Dschungels und der Sümpfe ein wenig beachtetes Gebiet. Die Zeitung „Singapore Chronicle“ schrieb 1825 damals über Bukit Timah: „...although not above seven or eight miles from the town of Singapore, has never been visited by an European – seldom by a native, and such is the character of the intervening country, that it would be almost as easy to make a voyage to Calcutta as to travel to it.“
Also war es für einen Europäer in Singapore damals bequemer nach Kalkutta zu reisen, als in den Dschungel nach Bukit Timah vorzustoßen. Eine große Siedlungsphase fand dann in den 1830er Jahren durch Chinesen statt, wobei einige christliche Missionare den Weg zu diesen fanden und viele Chinesen zum Christentum bekehrten. Die Chinesen betrieben illegale Gambier-Plantagen. Ab Mitte des 19. Jh. wurde dann eine Straße von Singapore aus gebaut, was dann auch europäische Plantagenbesitzer in das Gebiet trieb.



Anfang des 20. Jh. wurde dann die Eisenbahnstrecke in den Norden nach Kranji und weiter bis Woodlands und Malaya durch Bukit Timah gebaut. Damit wurde das Gebiet nun endgültig besiedelt. Der alte Bahnhof in Bukit Timah an dieser Strecke ist noch erhalten und soll in die Nachnutzung der Strecke als Erholungskorridor eingebaut werden. Noch aber zerfällt er so vor sich hin, auch wenn in der Nähe an der Brücke schon fleißig Restaurationsarbeiten stattfinden. Der Bahnhof ist auch mein erstes Ziel auf meiner Tour. Dieses Foto stammt noch aus der Zeit, als die Strecke aktiv war:

Auch wenn der Zahn der Zeit kräftig am Gebäude genagt hat, so kann man doch das mechanische Hebelwerk noch deuten und wo das Umlaufgestänge für die Weichen lang ging. Also wäre die Strecke noch in Schuss, ich hätte ohne Umschweife als Fahrdienstleiter für ein mechanisches Stellwerk dort anfangen können.



Aber für die Stillegung der Strecke hat man lange gekämpft. Ich hatte dieses Thema schon in einem früheren Blogpost (Blogpost vom 29.11.2019) kurz erwähnt. Die Bahnlinie wurde von Malaysia betrieben, weil es in den Unabhängigkeitsverträgen damals so vereinbart war. Allerdings haben viele Schmuggler die Bahn benutzt, weil es erst am Endbahnhof in Tanjong Pagar Grenzkontrollen gab, da hatte die Bahn aber das Gebiet von Singapore schon von Norden nach Süden einmal durchquert. Die Schmuggelwaren wurden einfach aus dem Fenster geworfen. Eine komplette Überwachung war wegen der Länge der Strecke kaum effektiv möglich. Auch wenn Malaysia keinen wirtschaftlichen Nutzen von der Strecke hatte, weigerte man sich beharrlich die Grenzkontrolle in den Norden zu verlegen und die Strecke an Singapore zu verkaufen. Man wollte immer mehr Konzessionen herauspressen und Singapore mit diesem „Stachel“ einfach nur ärgern. Ein Vorgang, der den Charakter der muslimischen Regierung von Malaysia sehr gut beschreibt, voller Neid und Missgunst. 2011 konnte nach großem Ringen um eine Lösung und das Fließen von vielen monetären Vorteilen für Malaysia die Bahnstrecke endlich stillgelegt werden.



Das Gebiet um Bukit Timah war oft von Überschwemmungen betroffen, weshalb es auch schon frühzeitig in das Baukonzept für ein umfangreiches Entwässerungssystem einbezogen wurde. Die erste Stufe wurde bereits 1966 gebaut und die zweite Stufe 1989 fertiggestellt.
Ich besuche außerdem die alte Bukit Timah Fire Station. Die Feuerwache wurde 1956 gebaut und der Betrieb erst 2005 eingestellt. Heute ist ein trendiges Restaurant in dem Hauptgebäude untergebracht, welches aber bei meinem Besuch noch nicht geöffnet hatte. Der Komplex soll als Heritage-Place erhalten werden.



Das Hauptziel meiner Tour ist allerdings die ehemalige Fordfabrik, die als geschichtsträchtiger Ort heute ein Museum über die Zeit des japanischen Angriffs und der folgenden Besatzung Anfang der 1940er Jahre ist.



Zweieinhalb Stunden verbringe ich in der Ausstellung, die interessante Aspekte dieser Zeit betrachtet. So wirft sie die Frage auf, ob der Krieg der Japaner nur deshalb nach Südostasien getragen wurde, weil die Amerikaner und viele europäische Länder aufgrund des japanischen Aggression in China ein Handelsembargo gegen Japan verhängten. Deshalb suchten die Japaner die rohstoffreichen Gebiete in Malaya, Indonesien, Indochina und den Philippinen auf, um den Krieg in China weiterführen zu können. Oder war es vielmehr der schnelle Erfolg der Japaner in den Küstengebieten Chinas, die diese dann außerhalb von Japan, Mandschukuo, China und Korea von einem großasiatischen Reich mit japanischer kultureller Führung träumen ließen? Erschreckend sind auch die Darstellungen während der japanischen Besatzungszeit, besonders wegen der sonst so beeindruckenden japanischen Kultur. Die Auslese unter der chinesischen Bevölkerung von Singapore und der folgenden Internierungen oder Ermordungen waren brutal. Man wollte zwar chinesische Widerstandskämpfer unschädlich machen, mordete und internierte dann aber nach einer Auswahl, deren Zusammenhänge an den Haaren herbeigezogen wurden – und das bedeutete willkürlich. Ein Bewohner dieser Zeit beschrieb die Situation so, dass man sich ganz normal wie unter Bekannten mit einem japanischen Soldaten unterhalten konnte, wenn man aber ein Bemerkung machte, die diesem nicht gefallen hat, so entglitten seine Gesichtszüge und er schlug plötzlich brutal auf einen ein. Auch Lee Kuan Yew erzählt in seinen Memoiren aus dieser Zeit und betont immer wieder, dass diese Erlebnisse alle Menschen sehr geprägt haben und diese Brutalität der Japaner nie vergessen worden ist (siehe auch meine Blogpost vom 22.6.2019 und 1.1.2020).
Ausführlich wird die Singapore-Strategie der Briten zur Verteidigung der Insel erläutert und mit welcher gewaltigen Niederlage diese endete. In der ehemaligen Fordfabrik hatte der japanische General Tomoyuki sein Hauptquartier während der Kämpfe eingerichtet, weshalb er die Briten zur Kapitulationsunterzeichnung auch dorthin vorgeladen hatte. Den Raum der Kapitulationsunterzeichnung kann man heute besichtigen. Es war eine sehr demütigende Veranstaltung für die Briten.



Ford hatte die Fabrik erst 1941 fertiggestellt, es war das erste Ford-Werk in Südostasien. Während der japanischen Besatzung produzierte Nissan LKWs für das Militär. Nach dem Abzug der Japaner baute Ford wieder bis 1980 seine Autos in der Fabrik.



Außerdem ist das Gebiet um Bukit Timah auch wegen der zahlreichen Steinbrüche bekannt. So mancher Stein für die Hafenanlagen und ehemaligen prachtvollen Gebäuden im Zentrum von Singapore stammt von hier. Heute sind die Steinbrüche in Naturparks eingebunden.
Zum Schluss besuche ich noch das Einkaufszentrum „Beauty World“. An dieser Stelle gab es seit der Zeit der japanischen Besatzung ein Vergnügungspark und Glücksspielzentrum. Da Kriminelle in dieser Zeit von den Japanern rigoros verfolgt wurden, war es auch sehr sicher in dieser Zeit, wie ein damaliger Bewohner schilderte: „Crimes were rare during [the] Japanese Occupation. They chopped off heads for the smallest crime. If you won a lot of money, you just walked home in the dark with all that money. “
Nach dem Krieg gab es unzählige kleine Läden mit gewellten Zinkdächern und Stoffwandverschlägen. 1984 wurde dann das heutige Center gebaut und gilt heute als veraltet. Viele kleine Läden werden von alten Ladenbesitzern geführt, die oft keinen Nachfiolger haben oder das Angebot ist nicht mehr „up to date“. So gibt es beispielsweise die Ban Sing Siang Medicine Hall, welche von Ho Kuek Sian geführt wird und zahlreiche medizinische Kräuter verkauft. Aber er sagt, dass praktisch nur noch ältere Leute bei ihm die Heilmittel kaufen und die Kunden immer weniger werden.



Auffallend viele Lerneinrichtung gibt es im Beauty World Centre, ob für Schulnachhilfe, Koreanisch- oder Chinesischunterricht, Tanz- und Kunstschulen oder Malschulen für Vorschulkinder. Einen gerade laufenden Kurs erkennt man an den vielen kleinen Schuhen vor der Tür.
Natürlich wird auch das Hawker Centre im obersten Stock von mir besucht. Ich bestelle vegetarischen Claypot Bee-Hoon und kann zwischen „Small“ und „Medium“ wählen. Ich habe Hunger und in meiner Naivität bestelle ich „Medium“. Großer Fehler. Es hätte „Large“ und „Extra Large“ heißen müssen, denn ich bekam ein Berg an Gemüse, Tofu und Nudeln hingestellt. Und obwohl ich extra ein Gericht nicht unter Suppen ausgewählt habe, war es dann doch eher suppenhaft. Und so kämpfte ich mich auf der heißen Dachterrasse durch das heiße Essen. Es war sehr lecker und ich schaffte es auch. Aber geschwitzt habe ich wie nach einem Marathonlauf.

Hier die Eindrücke aus Bukit Timah: Bukit Timah