CPIB Heritage Centre
Das Corrupt Practices Investigation Bureau (CPIB) ist die Anti-Korruptionsbehörde in Singapore. Seit Anfang der Machtübernahme der People's Action Party (PAP) von Lee Kuan Yew stellt die Partei den Kampf gegen Korruption in den Mittelpunkt des eigenen politischen Selbstverständnisses. Bei der Zeremonie zur Machtübernahme 1959 erschienen die politischen Führer in einer komplett weißen Kleidung, um ihre Unbestechlichkeit auszudrücken. Lee Kuan Yew schrieb dazu in seinen Memoiren: „When the PAP government took office in 1959, we set out to have a clean administration. We were sickened by the greed, corruption, and decadence of many Asian leaders. Fighters for freedom for their oppressed peoples had become plunderers of their wealth.“ (siehe auch mein Blogpost vom 6.11.2020).
Getrieben war eine solche Politik auch durch die Machenschaften der Vorgängerregierung, die ein regelrechtes staatliches Korruptionswesen darstellte.
Auch wenn es das CPIB schon seit 1952 gab, so bekam es erst nach 1959 entsprechende Machtbefugnisse zur Ermittlung und Verfolgung von Korruption. Lee Kuan Yew schreibt dazu, dass die effektivste Gesetzesänderung zur Korruptionsbekämpfung darin bestand, dass Angeklagte nachweisen mussten, woher ihr Vermögen stammt. Konnte er für Vermögen, welches sich nicht aus seinem Einkommen erklären ließ, keine Ursprungsnachweise vorlegen, konnten ihn Gerichte wegen Bestechlichkeit verurteilen. Dieser Grundsatz wurde bereits 1960 umgesetzt.
Das CPIB hat in der Whitley Road ein kleines Heritage Centre aufgebaut. In diesem wird vor allem auf großen Multimediawänden interaktiv die Geschichte der Behörde erzählt und es werden die Grundsätze und Rahmenbedingungen zur Korruptionsbekämpfung und -prävention erläutert.
Ein paar wichtige Maßnahmen und Ereignisse möchte ich hier aufführen. 1968 gab es in der Operation „Chap Ji Kee“ eine Verhaftungswelle gegen Akteure des illegalen Glücksspiels, Opiumhandels und Bordellbetreibens, welche ihre illegalen Machenschaften mit Bestechungsgeldern für Beamte absicherten. Ein erstes wichtiges Signal gab es 1975, als der damalige Umweltminister Wee Toon Boon wegen Korruption zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Er hatte von dem Geschäftsmann Lauw Tjin Ho ein Haus geschenkt bekommen. Mit der Verurteilung demonstrierte die Behörde, dass das CPIB Korruption bis in allerhöchste Regierungskreise verfolgen konnte.
Einen großen Anteil am Erfolg der Behörde – neben der uneingeschränkten Unterstützung durch Lee Kuan Yew – hatte der langjährige Chef des CPIB Evan Yeo Oon Beng. Er wurde 1980 Direktor und leitete die Behörde bis 1994. Unter seiner Amtszeit fiel auch einer der spektakulärsten Korruptionsfälle der Geschichte des Landes. Im Jahr 1986 wurde die Annahme von einer Million Dollar als Bestechungsgeld vom damaligen Entwicklungsminister Teh Cheang Wan untersucht. Einer Verurteilung entzog sich der Minister durch Selbstmord. Evan Yeo Oon Beng implementierte auch einen Verhaltenskodex, der als „Code of Conduct“ in den Büros der Mitarbeiter ausgehangen wurde.
Im Jahr 1994 wurde der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Wasserversorgers Public Utilities Board (PUB) Choy Hon Tim wegen der Annahme von Bestechungsgeldern in Höhe von insgesamt über 13 Millionen Dollar zu einer Gefängnisstrafe von 14 Jahren verurteilt. Bis heute ist es die größte Summe an Bestechungsgeld bei einem einzigen Fall in der Geschichte von Singapore.
2009 wurden die Ermittlungen zu korrupten Praktiken in der Wirtschaft verschärft. Gefälligkeiten, die bisher keinen Anstoß gefunden hatten, gerieten jetzt in den Fokus der Ermittler. Beispielsweise hatten Autowerkstätten Fahrzeuginspekteure bestochen, damit diese illegal modifizierte Fahrzeuge zugelassen haben. 2015 wurden Beamte ausgezeichnet, die eine versuchte Korruption ablehnten und meldeten. Zu diesem Zeitpunkt hat die Zahl der registrierten Korruptionsfälle den niedrigsten Stand seit 30 Jahren erreicht.
Was macht die Arbeit der Anti-Korruptionsbehörde außerdem so erfolgreich? Für mich spielt das Selbstverständnis zur Entstehung von Korruption eine wichtige Rolle. Lee Kuan Yew formulierte es in seinen Memoiren folgendermaßen: „Human ingenuity is infinite when translating power and discretion into personal gain.“ Der menschliche Charakter produziert Korruption. Es ist kein künstliches Verhaltenskonstrukt, sondern ist tief in den Genen der Menschen eingepflanzt. In der Ausstellung wird dazu ausgeführt:
Eine bemerkenswerte Praxis bei der Strafverfolgung ist, dass Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes härter für korrupte Handlungen bestraft werden, als andere Straftäter. Diese Regelung zeigt die besondere Verantwortung der öffentlichen Verwaltung zu einem korruptionsfreien Arbeiten. Ein Prinzip, welches man in ähnlicher Form schon bei den südamerikanischen Inkas feststellen konnte. Somit ist es nicht verwunderlich, dass 88% der Korruptionsfälle in Singapore im privatwirtschaftlichen Sektor auftreten. Die Verurteilungsquote bei einer Anklage liegt bei 99%.
Zum Ende der Ausstellung werden noch einige wenige historische Utensilien und Dokumente der Behörde in einem Schaukasten gezeigt.
Leider kann ich einen bestimmten Teil der Exposition nicht besichtigen, da hier wegen dem Coronavirus und der damit erzeugten Abstandsregelungen Büromöglichkeiten für CPIB-Mitarbeiter eingerichtet wurden. Allerdings kann das nun auch der Grund sein, weshalb ich das Heritage Centre zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal besuchen werde.