Die ersten Finanziers in Singapore: Chettiars

Chettiars nennt man Menschen aus der tamilischen Gemeinschaft, die aus Chettinad im südindischen Bundestaat Tamil Nadu stammen. Traditionell waren die Chettiars am Handel mit Edelsteinen beteiligt, wurden jedoch später Privatbankiers und Geldverleiher und etablierten sich bereits in den 1820er Jahren in Singapore. Damals waren sie deutlich an ihrer außergewöhnlichen Bekleidung zu erkennen: ohne Hemd, einfach mit weißen Dhotis (traditionelles indisches Beinkleid für Männer) gekleidet und mit Vibuthi (Asche aus hinduistischer Opferfeuer) gezeichneter Stirn.


Die Chettiars übernahmen das Konzept der SOHOs (Small Office Home Office) lange bevor der Begriff erfunden wurde. Als sie 1824 in Singapore ankamen, diente ihr Kittangi - was auf Tamilisch „Lagerhaus“ bedeutet - sowohl als Bank als auch als Koje. Tagsüber würden diese Finanziers mit ihrem Hauptbuch bewaffnet über ihren Schreibtischen sitzen. Nachts schoben sie die Möbel beiseite und rollten eine Matratze zum Schlafen aus. Die Kittangi befanden sich größtenteils in der Market Street im Finanzzentrum von Singapore. In den Kittangis gab es circa 50 einzelne kleine Läden der Chettiars, welche spärlich eingerichtet waren. Sie waren nur ein paar Quadratmeter groß und ausgestattet mit einem niedrigen Holzschreibtisch, einem Schrank und einem Safe. In seiner Blütezeit gab es in der Market Street sieben Kittangis, in denen 300 bis 400 Chettiar-Büros untergebracht waren. Noch in den 1970er Jahren, als die Chettiars durch einheimische Banken an Boden verloren, gab es in der Market Street noch 30 bis 40 Chettiar-Unternehmen.


Das Geschäft der Chettiars als Geldverleiher funktionierte in früheren Zeiten so gut, weil Kapital und Kredite knapp waren. Der Handel rund um den Hafen in Singapore florierte und die internationalen Bankhäuser richtete ihre Geschäftspolitik hauptsächlich an große gewerbliche Handelsunternehmen. Sie hatten wenig Zeit für kleine lokale Geschäftsleute, die weder Kapital noch Sicherheiten hatten. Dies war eine Nische im Finanzsektor von Singapore, die gefüllt werden musste. Die Chettiars taten dies anderthalb Jahrhunderte lang und versorgten verschiedene Kaufleute und Zwischenhändler mit den Geldmitteln, die sie brauchten, um das frühe Wachstum des Hafens und später als globales Handelszentrum für Zinn, Gummi und andere tropische Waren voranzutreiben.

Die Geschichte der Chettiars mit der Einwanderung aus Südindien wird in diesem wunderbaren Kurzfilm erzählt:

Einen sehr schönen Einblick in das Leben der Chettiars gibt dieser Kurzfilm mit alten Requisiten:

Die religiösen Traditionen der Chettiar werden bis heute in Singapore geplegt, wie dieser Kurzfilm zeigt:


Auf meinem Foto des "The Pinnacle@Duxton" vom Februar 2020 bildet der Temple der Chettiars' Temple Society in Chinatown den farbigen Kontrast:


Mehr zu der Geschichte der Chettiars kann man hier erfahren:

Micro India: The Chettiars Of Market Street

Singapore’s first venture capitalists

Singapore's First Financiers

History of Sri Layan Sithi Vinayagar Temple


To Visit: Sri Layan Sithi Vinayagar Temple