State Courts Heritage Gallery


Die erst kürzlich eingerichtete State Courts Heritage Gallery (siehe Blogpost vom 20.11.2019) wollte natürlich auch von mir besucht werden. Da man dazu in den großen neuen modernen Gerichtstower mit verschiedenen Gerichtssälen und Justizeinrichtungen gehen musste, durfte ich nicht nur die übliche Registrierung und Temperaturmessung wegen dem Coronavirus über mich ergehen lassen, sondern auch den flughafenmäßigen Sicherheitscheck. Aber die unglaublich netten Leute machten das zu einem belästigungsfreien Vorgang. Die Belästigung ging erst in der Heritage Gallery los, denn eine übereifrige Aufsichtsperson ließ mir während meines zweistündigen Aufenthaltes keine Ruhe und schlenderte immer wieder zu mir, um mich auf verschiedene Dinge hinzuweisen. Was zunächst nett klingt war aber so ausgelegt, dass sie diese Hinweise immer sprunghaft zu anderen Stationen brachte. Ich wollte aber die Austellungsreihenfolge einhalten. Naja, irgendwie war sie als altes kümmerndes Mütterchen schon niedlich anzusehen. Auch wenn sie mich mehrfach auf einen Eintrag ins Gästebuch hingewiesen, ach was, genötigt hat. Ohne den Eintrag wäre ich da nie im Leben wieder raus gekommen.
In der Ausstellung wurde dann vor allem die Entwicklung des Justizsystems vom kolonialen Erbe bis in die Neuzeit wieder sehr anschaulich und multimedial dargestellt. Die Einrichtungen der Courts und der Ein- bzw. Umzug in verschiedene Gebäude standen im Mittelpunkt. Hier hätte ich mir mehr über das Wesen des heutigen so erfolgreichen Justizsystem gewünscht, auch wenn mit der Darstellung zu den Bemühungen um mehr Effizienz und die vielen effektiven Maßnahmen, die bei der Organisation des Justizapparates zum Einsatz gekommen sind, schon einen guten Einblick in die Erfolgsfaktoren gaben.
Interessant ist der Einsatz eines IT-Systems, dem sogenannten Integrated Case Management System (ICMS), in welchem alle Dokumente, auch die Beweisstücke, hochgeladen werden und im Gerichtssaal mit diesem System gearbeitet wird. Der Staatsanwalt sagt dann beispielsweise einfach: „Beweisstück Soundso, ich habe es im ICMS hinterlegt.“ Und Richter und Verteidigung greifen nun im System auf das Dokument zu.
Die Anzahl der Richter hat sich auch im Laufe der Zeit verändert. Hier Aufnahmen von 1927 und 2019:


Höhepunkt war dann der Nachbau eines Gerichtssaales, der mit dem Originalholz des Gerichtssaales des Obersten Gerichts gebaut wurde. In dem Nachbau wurden an den Plätzen der Beteiligten Screens aufgebaut. Dann wurden von Originalfällen die Gerichtsszenen mit dem Verhalten von Richter, Staatsanwalt, Verteidiger und Angeklagten multimedial nachgespielt. Auch Zeugen wurden nachgespielt und auf einem seitlichen Screen dargestellt. Sehr anschaulich gemacht, was man auf meinen Film- und Fotoaufnahmen gar nicht so sieht, da die Screens flimmerfrei mit hoher Auflösung eine plastische Darstellung im Original vor Ort zuließen. Auch die Lautsprecher waren hinter dem jeweiligen Screen und damit Person positioniert, was die Debate ebenfalls lebendiger erscheinen ließ, als es nur ein Lautsprecher zugelassen hätte. Interessant bei den Prozessen war beispielsweise die hartnäckige Leugnung des Angeklagten trotz erdrückender Beweise (in diesem Fall ein Unterschlagungsprozess). So kann man erst einmal die Schwierigkeit sehen, die es Staatsanwälte und Ermittler manchmal haben können, wenn sie es mit der menschlichen Psychologie zu tun bekommen. Witzige Nebenbeobachtung: Wie unfallfrei-sicher der chinesische Richter den Namen des indischen Staatsanwalts ausspricht war beeindruckend. Ich müsste dazu erst eine halbe Stunde üben, denn bei diesem Namen komme ich spätestens beim vierten Buchstaben ins Straucheln.
Wie effektiv das Justizsystem in Singapore ist, konnte ich schon vergangenen August auf CNA im Internet lesen. An einem Mittwoch gab es einen Überfall auf einen Schmuckhändler. Am Freitag (36 Stunden nach dem Raub) waren alle drei (bei der Tat maskierten) Täter gefasst und im Gefängnis, am Montag standen sie vor Gericht. In Deutschland arbeitet die Justiz dagegen anders. Ich habe von einem Fall in Brandenburg gelesen, wo ein verurteilter Mörder aus dem Gefängnis entlassen werden musste, weil sein Revisionsantrag zu lange ohne Bearbeitung war. Er wurde am 5. Februar zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt, am 27. Juli wurde das Verhandlungsprotokoll erstellt, am 8. August der Verteidigung zugestellt. Im Übrigen lag die Tat zum Urteilszeitpunkt schon mehr als 2 Jahre zurück. Der Verteidiger berief sich bei der Freilassung auf einen anderen Fall mit Freilassung, in dem die Anklage zu schwerer räuberischer Erpressung sowie der Bildung einer kriminellen Vereinigung lautete. Oder bei dem Subventionsbetrug bei der Sanierung des Schlosses in Boitzenburg, wo es 2010 zur Anklage kam. Erster Verhandlungstag war dann im Jahr 2018. Justizwahnsinn in Deutschland.
Zum Schluss der Ausstellung war noch ein Multimedia-Tisch aufgebaut, wo man Informationen zur Architektur des älteren und neuen Court-Gebäudes erhalten konnte. Das war quasi ein Billardtisch mit einem großen Touchscreen, wo man Dokumente, Darstellungen, Videos und Fotos mit der Hand aufrufen, vergrößern, verschieben und bedienen konnte. Mittels kleinem Kärtchen, was man auf den Tisch gelegt hat, wurde das Material zu dem bestimmten Thema aufgerufen. Coole Sache. So, nun noch schnell der Eintrag ins Gästebuch. Die gute Frau will ja auch mal Feierabend machen.

Hier die Eindrücke aus der State Courts Heritage Gallery: State Courts