Waterfront und Singapore River


Eines das wohl nach der Marina Bay und seinen Supertrees von Touristen am meisten frequentierte Gebiet ist die Waterfront- und Singapore River Area. „Waterfront“ trifft es eigentlich nicht mehr richtig, denn was früher dieser Küstenabschnitt des Meeres mit seinen Piers war, liegt heute durch den Bau der Marina Bay an einem Süßwassersee.
Die Tour beginne ich an der Customs Harbour Branch (Customs House), welches in den späten 1960er Jahren gebaut wurde. Es besitzt einen 23 m hohen Turm und beherbergte früher die Zoll-Polizei, welche die Schmuggelaktivitäten unterbinden sollte. Die daneben liegende Change Alley Aerial Plaza wurde 1971 gebaut, wobei in dem markanten 39m hohe Rundturm ein Restaurant untergebracht ist. Weiter geht es zum Clifford Pier, der 1933 gebaut wurde und der bedeutendste Schiffsanlegepier für den Personenverkehr war. Der Betrieb wurde 2006 eingestellt.



Der gesamte Waterfront-Bereich ist eindruckvoll durch die Fullerton-Hotel-Gruppe umgebaut und neu gestaltet worden. Außerdem steht dort auch noch die berühmte Merlion-Statue, welche meinem Blog den Titelnamen verliehen hat und oben im Blogheader zu sehen ist. Über Merlion werde ich in einem späteren Post schreiben, aber bei meiner Tour habe ich entdeckt, dass es sogar Eis am Stiel in Form eines Merlion gibt.
Dann schlendere ich zum Fullerton-Hotel rüber. Das Gebäude wurde 1928 fertiggestellt und diente früher als zentrales Postamt (General Post Office). Es war auch mittels eines Tunnels mit einem Pier verbunden, wo Schiffe die Post ablieferten und wieder aufgenommen haben. Ende der 1990er Jahre wurde das Gebäude verkauft und zum Luxushotel umgebaut. Im Hotel befindet sich außerdem die Fullerton Heritage Gallery. In dieser wird unter anderem ausführlich auf die Wahlkampfreden von Lee Kuan Yew eingegangen, welche traditionell am Fullerton-Gebäude stattfanden. Wer übrigens noch keine Idee für ein Geburtstagsgeschenk für mich hat, findet dazu die folgende Anregung in der Gallery:



Zu bestellen hier: bei Amazon
Wem das zu teuer ist, mir würde auch die digitale Variante genügen, was eine Kostenersparnis von 1.800 US$ bringt: bei VitalSource

Außen am Hotel entdeckt man den Gedenkstein „Foundation Stone“, welcher an der Stelle steht, wo der „Singapore Stone“ gefunden wurde. Der gefundene Stein mit einer Inschrift wohl aus dem 14. Jh. gilt als erstes Siedlungsdokument von Singapore. Ein Stück des Steines kann man im National Museum besichtigen. Der Gedenkstein wurde 1970 enthüllt.



Nun stehe ich also an der Mündung des Singapore River, einem sehr geschichtsträchtigen Ort. Hier war Sir Stamford Raffles 1819 gelandet, um eine britische Handelsstation zu errichten. Dieses Ereignis gilt als die Gründung des modernen Singapores. Dazu schloss Raffles mit den lokalen Herrschern Temenggong Abdul Rahman und Tengku Hussein einen Vertrag, der am 6.2.1819 unterzeichnet wurde, also exakt auf den Tag genau 201 Jahre vor meiner diesjährigen Ankunft in Singapore. Aufgrund von zahlreichen archäologischen Funden konnte man feststellen, dass das Gebiet schon seit dem 14. Jh. besiedelt war und auch schon reger Handel mit den Nachbarinseln wie beispielsweise der indonesischen Insel Java getätigt wurden.
Von Anfang an war der Ort von den Briten als Freihandelshafen geplant, was die ökonomische Bedeutung sprunghaft ansteigen ließ. In den ersten beiden Jahren wurden 2.889 Schiffe gezählt, welche 200.000 Tonnen Waren umgeschlagen haben. Eine Grundlage für die positive Entwicklung war die genaue Planung und Steuerung der Stadtentwicklung durch den schon erwähnten Jackson-Plan (Jackson-Map in der „On-Paper“ Ausstellung). Ab 1852 nahm die Bedeutung des Gebietes um den Singapore River als Hochseehafen ab, die Quays am Fluss blieben aber das Zentrum des Handels und der Wirtschaftsgeschäfte. Für die neuen Hochseeschiffe wurde ein neuer Hafen (Keppel Harbour) etwas westlich gebaut, da der Tiefgang an der Flussmündung nicht mehr ausreichte.
1977 startete Lee Kuan Yew eine gigantische Aktion, um den Singapore River ein sauberes Umfeld zu geben. Der Fluss wurde ausgebaggert und der Müll entsorgt, verschmutzende Aktivitäten der Industrie, Hawkers und des Handels wurden aus den angrenzenden Gebieten verbannt. Schließlich konnte Lee Kuan Yew 1987 verkünden: „Now, for the first time, since the founding of Singapore, these rivers are clean again. New recreational amenities on and by the Marina and the rivers offer a new way of life for the people. It is something Singaporeans can be proud of.“
Die ehemaligen Quays sind in Wohnanlagen, Geschäftsbüros und vor allem gastronomische Einrichtungen umgebaut worden. Sie gelten heute als eine bedeutende touristische Meile mit verschiedenen Shops, Gallerien und Kunstplätzen.
Das Collyer Quay erhielt zwischen 1861 und 1864 eine Strandmauer, was Geschäftshäuser dahinter enstehen ließ, so auch Banken und große Handelshäuser. 1970 entstanden hier die ersten modernen Hochhäuser.



Das Boat Quay wurde als erstes Geschäftszentrum 1822 erbaut. Unter den heutigen Restaurants gibt es kurioserweise ein „Hans im Glück“. Am Clarke Quay wurde früher die Wasserversorgung der Schiffe mit Frischwasser sichergestellt. Das dortige River House wurde 1880 von Tan Yeok Nee gebaut, der ein bedeutender Pfeffer- und Gambierhändler war. Es ist eines von nur zwei erhaltenen Häusern in Singapore, die im traditionellen chinesischen Teochew-Stil gebaut worden sind. Außerdem findet man an diesem Quay auch die Cannery, welche früher eine Dosenfabrik für Ananas war. Das Robertson Quay war früher Heimat von Bootswerften für die Boote, die die Waren von den Piers und Quays zu den Hochseeschiffen und wieder zurück transportiert haben.
Bei den Brücken habe ich mir vier interessante herausgesucht. Zunächst die 1869 erbaute Cavenagh Bridge. Es ist die älteste Brücke, die noch in Orginalform erhalten ist. Dann die Anderson Bridge direkt vor dem Fullerton-Hotel, welche 1910 erbaut wurde, sowie die Elgin Bridge, welche als erste Brücke nach der Ankunft der Briten erbaut wurde. Die heutige Brücke an dieser Stelle entstand 1929.
Informationen über die Brücken auf sehr amüsanter Art zeigt dieses Video: 



Weiter nördlich am Robertson Quay befindet sich die Alkaff Bridge, welche 2003/04 sehr farbenfroh mit 52 verschiedenen Farben bemalt wurde. Dabei wurden mehr als 900 Liter Farbe für die kleine Fußgängerbrücke verwendet.



Zum Schluss sei noch der Raffles Landing Place erwähnt, wo seit 1972 die Statue von Sir Stamford Raffles direkt hinter dem Asian Civilisations Museum steht und die ehemalige Hill Street Police Station, welche 1935 erbaut wurde. Letztere ist für mich immer wieder ein schönes Fotomotiv, da die Fenster bunt gestaltet und nachts einzeln beleuchtet sind.



Hier die Eindrücke von der Waterfront und dem Singapore River: Waterfront und Singapore River