On Paper: Singapore Before 1867



Eine der bedeutendsten und für mich interessantesten Ausstellungen zur Geschichte von Singapore ist derzeit in der National Library of Singapore, also der Nationalbibliothek, zu sehen. Sie heißt „On Paper: Singapore Before 1867“ und zeigt Dokumente und Karten aus der Zeit vor der Ernennung von Singapore zur Kronkolonie Britanniens 1867 (siehe auch Blogpost vom 30.10.2019). Insgesamt dreieinhalb Stunden verbringe ich in der Ausstellung. Einlaß gibt es wegen dem Coronavirus nur nach Wärmebildkameracheck und Registrierung im einer ID-Card.
Zunächst werden einige alte Karten gezeigt, die vor allem aus den Seefahrtaktivitäten der Chinesen stammen. Die Ming-Dynastie errichtete in der zweiten Hälfte des 16. Jh. einen regen Handelsverkehr mit Südostasien, so dass die erste gezeigte Karte von Anfang des 17 Jh. stammt. Die Straits of Singapore war also schon damals ein wichtiger Seehandelsweg. 1621 veröffentlichte Mao Yuanyi aus der Sammlung seines Großvaters Mao Kun die sogenannte Mao Kun Map. Diese zeigt und benennt markante Inseln und Berge in der Straits of Singapore, welche zur Orientierung bei der Navigation für Schiffe gedacht war. Einen ersten Hinweis für die Existenz einer Handelsbeziehung mit der Insel Singapore gab es bei der Benennung auf der Karte von Andre Pereira dos Reis aus dem Jahr 1654.
Eine sehr interessante Karte mit vielen Detaildarstellungen ist die in Frankfurt/M. erstellte Karte von der Schlacht zwischen Portugiesen und Holländern an der Mündung des Flusses Johor um die Vormachtstellung beim Handel in diesem Gebiet. Die Schlacht fand zwischen dem 6. und 11. Oktober 1603 statt. Vorausgegangen war am 25. Februar 1603 der Überfall der Holländer und Malayen auf das portugiesische Handelsschiff „Santa Catarina“, welches dort anlegte, wobei die Holländer den Handel mit den Malayen in Johor exklusiv beanspruchten. Das Plündern der voll beladenen „Santa Catarina“ veranlasste Portugal zu einer Handelsblockade im Oktober. Dieses Scharmützel wurde auf der Karte dargestellt mit Anzahl der Schiffe auf beiden Seiten und Darstellung des Schlachtverlaufes. Beschrieben ist die Karte auf deutsch.



Das Ausrauben der „Santa Catarina“ brachte die enorme Summe von 600.000 Gulden Reingewinn. Ein jahrelanger Rechtsstreit entbrannte daraufhin und es wurde zu diesem Streit ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Hugo Grotius erstellte dafür das berühmte „Mare Liberum“, welches bis heute die Grundlage des modernen Seerechts bildet, dass niemand an den offenen Meeren Ansprüche anmelden kann, sondern es sich um internationale Gewässer handelt. Deshalb war diese Auseinandersetzung von historischer Bedeutung, auch wenn mir die Legitimation des Raubes nicht so einleuchten will. Ein Exemplar des „Mare Liberum“ ist ebenfalls ausgestellt.



Die Eredia-Karte mit zum ersten Mal angegebenen detailierten Ortsangaben auf der Insel Singapore stammt aus dem Jahr 1604.
In der Ausstellung werden dann die Briefwechsel von Sir Stamford Raffles an den damaligen Generalgouverneur von Bengalen gezeigt. Bis 1867 gehörte der Außenposten Singapore zur kolonialen Verwaltung in Indien. Interessant sind dann die Briefwechsel bzw. Dokumente zu den Verträgen der Engländer mit den örtlichen Johor-Herrschern. Diese hatte ja schon Verträge mit den Holländern (was ja auch schon zu den Konflikten im 17 Jh. geführt hatte). Einer der damaligen Herrscher Raja Ja‘afar wollte auf keinen Fall vertragsbrüchig mit den Holländern werden. Das berichtet der damalige Statthalter William Farquhar in Singapore an seinem Chef Stamford Raffles. Und so griff man in die Trickkiste. Man erlaubte den Briten zum Schutz der Trading Post auf den Karimun Islands, welche sich gegenüber von Singapore befanden, eine Stationierung eigener Leute an der Mündung des Singapore Rivers. Den diese Trading Post gab es auch schon vor dem Vertrag des Herrschers mit den Holländern.
1824 kam es dann zum Britisch-Holländischen Vertrag für die Handelsbeziehungen zu Singapore. Damit gaben die Holländer den Handel unter britischen Einfluß, auch begünstigt durch die Besetzung Hollands durch Napoleon einige Jahre zuvor. Somit verhinderte man eine französische Übernahme, man kann das gern auch als kleinen Racheakt der Holländer an den Franzosen deuten. Das Vertragswerk und auch eine britische Kopie werden in der Ausstellung gezeigt.
Verschiedene Karten und andere Dokumente zeigen dann die planmäßige Entwicklung von Singapore, so auch die Entwicklung der Anteile der verschiedenen Volkszugehörigkeiten an der Gesamtbevölkerung, die rasant stieg. Letztendlich führte dieser Kulturmix zu Rassenunruhen, was zur berühmten Jackson-Karte führte, die deshalb den jeweiligen Volksgruppen bestimmte Wohngebiete zugewiesen hat.



Außerdem werden Dokumente ausgestellt, die Regelungen zu Recht und Ordnung enthalten. 1843 wurde der erste Polizei Commissioner in Vollzeit angestellt, da die Kriminalität mit dem rasanten Anstieg der Bevölkerung ebenfalls rasant zunahm.
Gegen Ende der Ausstellung werden noch Zeichnungen und Fotos aus der mit der Ausstellung abgebildeten Zeit gezeigt. Den Abschluss bildet eine Kopie des Patentdokumentes, welches Singapore 1867 zur eigenständigen Kronkolonie erklärt.

Hier die Eindrücke der NLB-Ausstellung: On Paper: Singapore Before 1867